3. Spieltag RLNW, 10.11.2024: Klingenberg I – Bad Neustadt I
Am dritten Spieltag konnten wir unsere Gäste aus Bad Neustadt überzeugend schlagen.
Manuels Partie endete wenig ereignisreich in einem damenlosen Mittelspiel mit einer Zugwiederholung. 0.5 – 0.5
Klaus wählte gegen die Reti-Eröffnung ein b5-basiertes System, geriet aber in leichte Schwierigkeiten. Aufgrund der besseren Bauernstruktur besaß Weiß leichten, aber permanenten Positionsvorteil, außerdem setzte er Klaus auch auf der Uhr unter gewissen Druck. Allerdings entschloss sich der Anziehende, seine Vorteile sofort in etwas Substantielles umzumünzen und bot aufgrund seiner nominellen Außenseiterrolle Remis, was Klaus verständlicherweise akzeptierte. 1-1
Christoph erreichte in einem Lc5-Spanier zunächst eine vielversprechende Position, ehe er seine Stellung überstrapazierte und sich nach 15.h3! Sh6 16.Sf1 cxd4 17.Lxh6 in einer hochgefährlichen Lage wiederfand. Doch Weiß agierte in der Folge unachtsam und erlebte nach 22.De2?? die denkbar härteste Strafe in Form der „kalten Dusche“ 22…Dxg3! mit kompletter Gewinnstellung für Christoph. 2-1
Am ersten Brett versuchte sich Fabian an einem Damenfianchetto und erlangte gutes Gegenspiel. Die wohl kritische Stellung entstand nach 19…Df6 als Weiß das von Fabian implizierte Qualitätsopfer (20.Le4 exd5) nicht annahm, sondern mit 20.Se4!? selbst Material opferte. Die folgenden extremen Komplikationen waren aus menschlicher Sicht kaum fehlerfrei zu bewältigen, insbesondere unter Berücksichtigung der knappen Bedenkzeit beider Kontrahenten.
Nach 29.f5 hatte sich der Rauch jedoch weitestgehend verzogen und Fabian hätte mit 29…Te8! den Sack zumachen können und sollen, was die weißen Leichtfiguren entscheidend gebunden hätte. Stattdessen war das verlockende 29…c6? ein grober Fehler, der nach 30.Sf4 auch noch von dem Folgefehler 30…Te8? begleitet wurde. Überraschenderweise hätte Weiß nach 31.Sg6 trotz seines enormen Materialnachteils nicht nur praktische Chancen erhalten, sondern tatsächlich wäre Schwarz bereits am Rande des Abgrunds gestanden – die teuflische Drohung ist 32.Ld5!! nebst Mattmotiven auf der achten Reihe, was tatsächlich nicht mehr mit akzeptablen Mitteln zu stoppen gewesen wäre. Weiß hielt dem Zeitdruck jedoch nicht stand, griff mit 31.g4?? fehl und musste nach 31…Rfe7 sofort aufgeben. 3-1
Nach diesem Schreckmoment in letzter Minute hieß es für Fabian nach der Partie erst einmal ausspannen:
An Brett 8 bestrafte Robert die ungenaue Eröffnungsbehandlung seines jungen Gegners und erreichte schon nach weniger als 20 Zügen eine überwältigende Stellung. Es gab mehrere Möglichkeiten, durch Angriffsspiel die Partie zu entscheiden, doch Robert wählte eine etwas technischere Spielweise, tauschte die Damen und gewann die Qualität. Nachdem der letzte schwarze Turm vom Brett verschwand und Robert den schwarze d-Freibauer gestoppt hatte, war der Sieg nur mehr eine Frage der Zeit. 4-1
In Tobias‘ Partie drehte sich in der Eröffnungsphase alles um die weißen Zentralfelder, allen voran das d5-Feld, das er bestmöglich unter Kontrolle nahm. Als Schwarz später seine Zentralbauern in Gang setzen konnte, erlangte er gutes Gegenspiel. Der Damentausch 25…Dc7 war vermutlich zu konservativ, aber unter dem Strich zeichnete sich diese Partie durch geringe Volatilität aus und endete im Turm-/Läuferendspiel folgerichtig mit Unentschieden. 4.5 – 1.5
Markus‘ Katalanische Mittelspielstruktur war tendenziell für ihn günstig und als Schwarz mit 25…c5? den falschen Hebel wählte, nahm der weiße Vorteil kritische Ausmaße an. Obgleich Markus zuerst nicht den besten Weg wählte (27.dxc5! Txd1+ 28.Txd1 bxc5 29.b5 und Td7 sollte entscheiden) blieb er am Drücker und nach der Zeitkontrolle setzte er zum entscheidenden Durchbruch am Damenflügel an: nach 41.c5! bxc5 42.Ta7+ Td7 43.b6! musste sich Schwarz bald von seinem Läufer trennen, um Markus‘ b-Freibauer überhaupt noch stoppen zu können. Trotz Mehrfigur für Markus hätte es noch einmal richtig spannend werden können, denn nach 47.Tc8? cxb4 48.Tc6+ Kd5 49.gxh5 hätte 49…b3! 50.Kd2 e4! exzellente praktische Remischancen geboten. Nach 49…f5? jedoch ließ Markus nichts mehr anbrennen und konnte den Sieg sicher nach Hause schaukeln. 5.5 – 1.5
Nach dieser anstrengenden Partie stand für Markus ebenfalls erst einmal Entspannung auf dem Programm:
Jürgen spielte eine wirklich sehr gute Partie, die in allen Partiephasen überzeugen konnte. Den direkten Angriff auf seine Königsstellung vermochte Schwarz zwar mittels Damentausch abzuwehren, doch die Infiltration seines geschwächten Damenflügels erwies sich als nicht weniger unangenehm. Nicht nur konnte Jürgen einen Bauern gewinnen, sondern auch in puncto Figurenaktivität dominierte er. Da sich nahezu das gesamte Spielgeschehen in der gegnerischen Bretthälfte abspielte …
… überraschte es wenig, dass Jürgen die gegnerische Verteidigung schlussendlich aushebeln konnte. 6.5 – 1.5
Insgesamt war es heute eine tolle Mannschaftsleistung, die uns optimistisch auf die nächsten Kämpfe blicken lässt.
[Fabian Englert]
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2. Spieltag RLNW, 20.10.2024: Kitzingen I – Klingenberg I
Zu Gast im Gewölbekeller des Kitzinger Rathauses bekamen wir es mit einer stark besetzten Kitzinger Ersten zu tun, die uns in dieser Aufstellung in puncto Durchschnitts-DWZ sogar minimal übertraf.
Nach einer knappen Stunde akzeptierte Jürgen das Remisangebot seines routinierten Gegners. 0.5 – 0.5
Wenig später einigte sich auch Tobias an Brett 2 friedlich. Ausgespielt wäre ein Remis in dieser Partie relativ unwahrscheinlich gewesen, aufgrund unklarer Lage auf dem Brett, schlechter Bedenkzeitsituation und eines für uns günstig erscheinenden Gesamtstandes war Tobias‘ Entscheidung aber bestimmt vernünftig. 1-1
Die nächste Entscheidung erfolgte am achten Brett. In einem Dameninder startete Bernd eine aggressive Operation entlang der f-Linie, wurde von seinem Gegner aber zunächst ausgekontert und geriet in eine sehr schwierige Lage. In einem außergewöhnlichen Anflug von Schachblindheit spielte Weiß dann aber den katastrophalen Fehler 23.Sf5?? Bernd nahm das Geschenk freilich dankend an und gewann mit seiner Mehrfigur wenige Züge später. 2-1
An Brett 1 führte Fabians Experiment 4.h3!? im Vierspringerspiel zu einer komplizierten Mittelspielstellung, in der Schwarz schon mit 13…Tab8? den vermutlich spielentscheidenden Fehler beging, da dies die weißen Zentralbauern entfesselte. Der naheliegende Versuch des Gegners, sich mittels 15…Le6 taktisch zu befreien, resultierte in einem für Weiß technisch gewonnenen Turmendspiel, das Fabian problemlos verwertete. 3-1
Klaus hatte gegen die Londoner Eröffnung seines Gegners eine sehr schöne Eröffnungsstellung herausgespielt, der schwarze e4-Springer dominierte das Brett. Auch nach Tausch aller Leichtfiguren war Schwarz klar am Drücker, was er z.B. mittels 22…b4! 23.g4 a4! hätte unterstreichen können. Leider spielte Klaus in dieser Phase nicht ganz so konsequent und ließ seine guten praktischen Siegchancen ungenutzt – Remisschluss nach 27 Zügen. 3.5 – 1.5
Am sechsten Brett führte Manuel die schwarzen Steinen gegen die Bird-Eröffnung und hatte gegen seinen favorisierten Gegner zunächst ebenfalls eine günstige Position aus der Eröffnung erhalten. Doch leider beging Manuel einen groben Fehler, als er nach 13…b4? 14.Sxd5! seinen wichtigsten Zentralbauern einbüßte (stattdessen 13…Lg6! 14.Sxb4 Tb8 und Schwarz stünde etwas besser). Nach dem Tausch seines schwarzfeldrigen Läufers 16…Lxf4? geriet er in eine strategisch nahezu hoffnungslose Lage und verlor in der Folge kritisches Material. 3.5 – 2.5
Nachdem Robert in einer Katalanischen Eröffnung seinen temporär geopferten c4-Bauern nicht rechtzeitig zurückgewann, hielt Schwarz korrekterweise an diesem fest und kam in Vorteil. Geschickt kombinierte der Kitzinger das Spiel entlang der b-Linie mit den schwarzfeldrigen Schwächen im Lager des Anziehenden und landete in einem Endspiel, das trotz ungleichfarbiger Läufer aufgrund zweier verbundener Mehrbauern gewonnen war. 3.5 – 3.5
In Christophs Partie wurde erneut 4.e3 gegen Slawisch diskutiert. Nach 18.Sa4 erschien die weiße Stellung dank Läuferpaar und Raumvorteil optisch klar vorteilhaft, doch Schwarz reagierte exzellent mit 18…g5! und generierte gutes Gegenspiel am Königsflügel. So verblieb vor allem Christophs Bedenkzeitvorteil, aus dem er jedoch leider kein Kapital schlagen konnte, kurz vor der Zeitkontrolle endete die Partie durch Zugwiederholung. 4-4
[Fabian Englert]
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1. Spieltag RLNW, 06.10.2024: Aschaffenburg I – Klingenberg I
Wie schon im letzten Jahr startete unsere Saison mit dem Lokalderby gegen Aschaffenburg. Obgleich wir unserer nominellen Favoritenrolle nicht gerecht wurden, hatten wir nach hartem Kampf am Ende knapp die Nase vorn.
Robert einigte sich mit seinem Gegner frühzeitig auf Unentschieden und unterschätzte dabei wohl die objektive Stärke seiner Position, die er sich erspielt hatte. Bei geschlossenem Königsflügel hatte Weiß am Damenflügel die Zügel fest in der Hand und hätte dort langfristig einen Durchbruch vorbereiten können, mit besten Siegchancen bei geringem Risiko. 0.5 – 0.5
An Brett 4 wurde Klaus von der unkonventionellen Eröffnungsvariante seines Gegners überrascht und geriet im Mittelspiel unter einen massiven Königsangriff. Jegliche Verteidigungsbemühungen waren leider zwecklos und so übernahm Aschaffenburg die frühe Führung. 0.5 – 1.5
Tobias wählte eine äußerst zweischneidige Variante im Halbslawen (Anti-Moskau-Gambit). Wenngleich der Computer im frühen Mittelspiel Weiß klar bevorzugte, so war die Lage aus praktischer Sicht aufgrund der immensen Komplexität stets unklar. Nachdem der Anziehende einige unglückliche Entscheidungen traf, triumphierte Tobias schließlich mit seinem starken Läuferpaar gegen den weißen Turm. 1.5 – 1.5
In Jürgens Partie – er spielte die Botwinnik-Variante der Englischen Eröffnung – hielt sich die Schwankungsbreite bzw. der maximale Vorteil, den beide Seiten erreichten, über 40 Züge lang sehr in Grenzen und somit einigte man sich folgerichtig auf Unentschieden. 2-2
Manuels Eröffnungswahl war etwas spekulativ, am heutigen Tag gegen seinen Gegner aber goldrichtig. Nach 12…fxe6 konnte Manuel später von der halboffenen f-Linie profitieren und einen gefährlichen Angriff einleiten. Diesem starken Positionsdruck konnte sein Gegner letztlich nicht standhalten. 2-3
Nachdem es Fabian leider verpasst hatte, mittels einiger energischer Züge Eröffnungsvorteil zu sichern (Schlüsselzug 13.e4!, z.B. 13…Le6 14.Sd5 +/-), erreichte Schwarz eine viel zu hohe Figurenaktivität, die stärker wog als jegliche positionellen Erwägungen. Zwar besaß Fabian für seinen später eingebüßten b2-Bauern adäquate Kompensation, seine auch durch den zwischenzeitlich eher ungünstig erscheinenden Mannschaftsstand bedingte Entscheidung, bei schlechter Bedenkzeit mit 28.Ld5 einer sicheren Zugwiederholung auszuweichen, lässt sich jedoch bestenfalls als spekulativ beschreiben. Wenigstens kam er mit einem blauen Auge davon, denn im später erreichten Turmendspiel konnte er durch aktives Spiel trotz Minusbauer ungefährdet ein Remis erzwingen. 2.5 – 3.5
Die mit Abstand schwankungsreichste Partie des Tages fand an Brett 8 statt. Thomas führte die schwarzen Steine in einer klassischen Slawischen Verteidigung. Nachdem sich im Mittelspiel sämtliche Leichtfiguren getauscht hatten und die Könige beider Seiten relativ exponiert waren, gab es für beide Spieler mehrere Großchancen, z.B. für Weiß 41.Txc5!+-, 61.Dxd6+- oder 66.Tc6!+-, bzw. für Schwarz 53…g4!-+ oder 57…De1!-+. Im später entstandenen Turmendspiel mit einem Minusbauern besaß Thomas noch bis zu seinem letzten Zug die Chance, ein Remis zu sichern (77…f3+! nebst 78…Kg7=), beging aber den typischen Fehler 77…Kf7?? und wurde von 78.Th8!+- ausgekontert. 3.5 – 3.5
Nicht ganz so krass, aber ebenfalls ziemlich turbulent ging es auch an Brett 3 bei Christoph zu. Nachdem sich schon früh ein materielles Ungleichgewicht (zwei Leichtfiguren gegen Turm plus 2 Bauern) ergeben hatte, wurde es später noch deutlich komplexer: Weiß T+2L+S gegen Schwarz D+S. Aber wie so oft in derart irrationalen Stellungen war das wichtigste Kriterium die Königssicherheit, weswegen Christoph aufgrund seines exponierten Königs tendenziell gefährdet stand. (Der Vollständigkeit halber sei auch darauf hingewiesen, dass Schwarz zuvor mittels 29…Te1!! 30.Txe1 Dh4+! 31.Kg2 Dxe1! eine ebenso schwierige wie schöne Gewinnkombination besaß.) Trotz aller positioneller Widrigkeiten blühte Christoph in der zweiten Partiehälfte nun zu voller Stärke auf, konnte die Lage nach und nach stabilisieren, dann sogar in Vorteil kommen und schlussendlich mit seinen zahlenmäßig starken Armee die Schlacht gegen die schwarze Dame zu unseren Gunsten entscheiden. Chapeau! 4.5 – 3.5
[Fabian Englert]